Schiefhals (Torticollis)

Ein Schiefhals beim Kind kann vielfältige Ursachen haben. Neben Störungen durch Augen und Ohren können Entzündungen an der Halswirbelsäule und muskuläre Ursachen, selten auch neurologische Erkrankungen eine Rolle spielen. Tritt ein Schiefhals direkt nach der Geburt auf, sollte dieser von einem Kinderorthopäden begutachtet werden. Der sogenannte muskuläre Schiefhals (Torticollis muscularis) tritt vermutlich durch eine Einblutung während der Geburt mit nachfolgendem Überdruck in einem Halsmuskel auf. Bei diesem so genannten Kompartment-Syndrom kommt es zu einer dauerhaften Veränderung der Muskelstruktur mit Narbenbildung.

Der muskuläre Schiefhals kann im ersten, möglicherweise auch im zweiten Lebensjahr konservativ, unter anderem mit Physiotherapie, behandelt werden. Spätestens bei Hinweisen auf das Auftreten einer so genannten Gesichtsskoliose, d.h. einer Verformung der Gesichtszüge, durch den Muskelzug, ist ein operativer Eingriff notwendig.

Symptome

Der betroffene Muskel (Musculus sternocleidomastoideus) ist verkürzt und verhärtet. Durch den Muskelzug kommt es zu einer Neigung des Kopfes zur betroffenen Seite und zu einer Drehung des Kopfes zur Gegenseite, entsprechend der Zugrichtung des Muskels. Sekundäre Verspannungen der Hals- und Nackenmuskulatur können vorkommen. Gefürchtet ist allerdings vor allem das Auftreten einer Gesichtsskoliose, einer Verformung der Gesichtszüge, mit auf der betroffenen Seite tiefer stehendem Auge, tiefer stehendem Ohr und dem allgemeinen Aspekt der Asymetrie des Gesichts.

Diagnostik

Ein harter, gespannter, bereits mit bloßem Auge sichtbar verkürzter Muskel sind Zeichen eines muskulären Schiefhalses. Die anderen Ursachen eines Schiefhalses, entzündliche, neurologische, durch die Augen oder Ohren bedingte Schiefhaltungen des Halses, werden durch entsprechende fachärztliche Abklärungen, gelegentlich auch durch Entzündungswerte oder ein MRT abgeklärt. Insbesondere beim schmerzhaften Schiefhals sind häufig zusätzliche Untersuchungen notwendig, da dies für den muskulären Schiefhals untypisch ist und hier ernstere Erkrankungen vorliegen können. Sind diese Ursachen durch die Klinik und entsprechende Untersuchungen ausgeschlossen, wird in aller Regel eine Röntgenuntersuchung der Halswirbelsäule durchgeführt, um seltene Wirbelsäulen-bedingte Ursachen auszuschließen.

Behandlung

Der muskuläre Schiefhals muss durch einen Kinderorthopäden diagnostiziert und überwacht werden. Direkt nach der Geburt kommt Physiotherapie zur Anwendung, in Kombination mit einer Beeinflussung der Lagegewohnheiten des Kindes. Während in manchen Ländern dieser Welt der muskuläre Schiefhals bereits im ersten Lebensjahr operativ behandelt wird, lässt sich in vielen Fällen der Schiefhals gut konservativ behandeln. Sollte im Alter von einem Jahr immer noch ein Schiefhals vorliegen, muss sehr genau auf die Entwicklung einer Gesichtsskoliose geachtet werden. Spätestens dann muss eine Operation angeraten werden.

Operation

Eine Schiefhalsoperation erfolgt in Vollnarkose. Abhängig von der Schwere des Befundes und der Verteilung der Verkürzung auf die zwei Hauptabschnitte des Muskels kommen verschiedene Verfahren in Frage: die Durchtrennung der Sehnenanteile am unteren Teil des Halses (nah an Brust- und Schlüsselbein), die Durchtrennung dort und am oberen Halsteil (sogenannte biterminale Durchtrennung), sowie eine sogenannte Z-förmige Verlängerung. Aufgrund der Nähe zu wichtigen Halsgefäßen ist aus unserer Perspektive eine so genannte perkutane Durchtrennung zu risikoreich, insbesondere, da häufig die Verkürzungen bis an die sogenannte Halsfaszie reichen, unter der direkt die Gefäße liegen. Der Eingriff kommt mit kleinen Schnitten aus und es wird in aller Regel ein sehr gutes kosmetisches Ergebnis erreicht.

Nachbehandlung

Auch wenn im amerikanischen Sprachraum auf die Anwendung einer so genannten Schiefhalsorthese (eine Schiene, die den Kopf in der veränderten Position hält) nach der Operation verzichtet wird, leuchtet uns dieses Vorgehen nicht ein. Die Kinder sind die schiefe Kopfhaltung so gewöhnt, dass sie auch nach einer Operation wieder die Position einnehmen, da ihnen andernfalls die Welt „schief“ vorkommt. Somit ist aus unserer Sicht die Nachbehandlung der Schlüssel für den Erfolg des Eingriffs. Der Kopf wird für 6 Wochen tags und nachts sowie anschließend 6 Wochen nachts in der korrigierten Position gehalten, damit die „schiefe Sichtweise“ korrigiert werden kann. Parallel kommt Physiotherapie zur Anwendung, um aus den alten Bewegungsmustern herauszufinden.

Ergebnisse und Risiken

Bei konsequenter Operation und Nachbehandlung sind die Behandlungsergebnisse sehr gut. Aufgrund der theoretischen Gefahr der Verletzung wichtiger Gefäße sollte dieser Eingriff aus unserer Sicht zum einen nicht perkutan, sondern unter Sicht, und außerdem von einem Operateur mit Erfahrung in diesem Gebiet durchgeführt werden. Aufgrund der Gefahr der Verletzung eines wichtigen Hirnnerven bei Operation am oberen Halsteil im Rahmen einer sogenannten biterminalen Durchtrennung (s.o.) wird die Indikation hierzu heute zunehmend zurückhaltend gestellt und bleibt für äußert schwere Formen reserviert.